Molkenmarkt – Block B/1

Realisierungswettbewerb, Berlin-Mitte

Häuser aus Stein – Konstruktion und Ausdruck

Historische Aufnahmen des Molkenmarktes mit dem monumentalen Bau und überragenden Turm des „Roten Rathaus“ im Hintergrund veranschaulichen die Gestalt der früheren Stadt – das Prinzip unspektakulären Hausbaus auf privater Parzelle und der damit einhergehenden Schaffung des öffentlichen Raumes der Straße. Die zur Vorbereitung des Realisierungswettbewerbes entwickelten Planungsinstrumente, die Charta Molkenmarkt, der Bebauungsplan sowie die Steckbriefe jedes einzelnen Hauses sind, unter Berücksichtigung der aktuellen Planungsanforderungen, Grundlagen für die angestrebte Wiedererlangung eines solchen städtischen Raumes und seiner immanenten Qualitäten.

Im Bemühen schöne und selbstbewusste Stadthäuser zu generieren und in Zusammenspiel und Gesamtheit ein neues Quartier zu schaffen, muss heute der Frage der Materialität und Konstruktion der Häuser ein besonderer Stellenwert beigemessen werden. Um der für den Neubau immer bedeutender werdenden Diskussion zum nachhaltigen Bauen Rechnung zu tragen, sollen im Zentrum Berlins am Molkenmarkt Häuser errichtet werden, die ein besonderes baulich konstruktives Anliegen formulieren und veranschaulichen.

Die Häuser 3.1 + 3.2 werden mit Außenwänden aus massivem selbsttragendem Naturstein errichtet, Sandstein, wie er in der Historie des Berliner Stadtraumes in vielen Bauten seine Anwendung gefunden hat. Die Außenwände der Häuser werden aus Steinblöcken nach einem strengen modularen System tektonisch gefügt, es entsteht der Ausdruck einer Bauweise von gewisser archaischer Schwere.  

Dauerhaftigkeit, Wiederverwertbarkeit, Ressourcenschonung und Herstellung sind in Bezug auf das Thema der Nachhaltigkeit die hervorragenden positiven Kriterien für Naturstein. Die Herstellung von Naturstein zeichnet sich aus durch geringen Energieverbrauch, geringen CO2 Ausstoß, keine Abfallproduktion sowie einen geringen Gebrauch von Wasser. Seit Jahrtausenden wurde Naturstein als Baustoff verwendet, um dauerhafte Bauwerke zu schaffen. Erst im letzten Jahrhundert, dem Zeitalter scheinbar unendlich verfügbarer fossiler Energie, wurde der Naturstein durch energieintensive künstliche Baustoffe ersetzt, und wird heute nicht mehr lastabtragend, sondern überwiegend nur für dekorative Zwecke verwendet. Der Naturstein, als lastabtragend verwendeter Baustoff ist eine echte Alternative zu den derzeit verwendeten CO2-intensiven, künstlichen Materialien und bietet sich daher für die notwendige Dekarbonisierung der Bauwirtschaft an.

Die Häuser 3.1 + 3.2, dank ihrer städtebaulich prominenten Lage am Molkenmarkt / Ecke Grunerstraße formen stellvertretend den Eingang zum sich nordöstlich erstreckenden Stadtquartier. Unter Berücksichtigung der erforderlichen verkehrstechnischen Sicherheiten wird im Bereich der Ecke Molkenmarkt / Grunerstraße die Freihaltung von Säulen / Stützen der Kolonnade für Fußgänger gefordert, oberhalb der Fußgängerzone darf sich das Gebäude dann auskragend in die Höhe entwickeln. Die Konstruktion in Naturstein in Korrelation mit der Kolonnade entlang der Grunerstraße ließ uns auf der Ecke ein Gewölbesegment mit darunter liegendem Rundbogen entwickeln. Diese Ausbildung erfordert eine besondere konstruktiv handwerkliche Ausbildung, es wird ein Tor gebildet, in der Symbolik der Eingang zum Stadtquartier Molkenmarkt.

Los 3, Haus B 3.1 – Erläuterung

Das Haus mit der Los Nr. 3.1 liegt in der Straßenflucht des Mühlendamms und hat die Adresse „Molkenmarkt“. Zusammen mit dem Los 3.2, das auf der Ecke zur Grunerstraße gegenüber vom „Roten Rathaus“ steht, besetzt es eine sehr prominente Stelle im Stadtraum. Geplant ist ein Bürohaus mit einer öffentlichen Nutzung im Erdgeschoss, die optional ins 1.OG erweitert werden kann. Die Fassaden beider Häuser sind aus Naturstein. Sandstein wurde in Berlin traditionell für Häuser mit herausragender Bedeutung, an besonderer Stelle im Stadtraum benutzt. Die Fassaden der Häuser 3.1 und 3.2 reagieren damit auf den Ort und geben den Häusern zusätzlich zur Lage eine besondere architektonische Qualität.

 

Los 3, Haus B 3.2 – Erläuterung

Das Haus mit der Los Nr. 3.2 ist das Eckhaus am Aufeinandertreffen der Straßen Molkenmarkt / Grunerstraße. Durch die Kolonnade entlang der Grunerstraße, die gewölbeartige Torausbildung der unteren Ecke, seine Materialität und großmaßstäbliche Proportionierung stellt es ein selbstbewusstes Stadthaus dar. Der Baukörper des Hauses beschreibt zwei Teile: an der Grunerstraße oberhalb der Kolonnade einen schmal hoch aufragenden Teil mit klassizistischem Dach und Frontispiz sowie einem niedrigeren Teil mit Steildach oberhalb der Vollgeschosse am Molkenmarkt. Die Bauteile werden über das Material, die einheitlichen Fenster und die architektonische Eingangsgestik der Ecke zu einem Ganzen zusammengefügt.

Im Erdgeschoss, das sich zum öffentlichen Straßenraum großzügig öffnet, befindet sich eine gewerbliche Nutzung, ein Kaffeehaus, im 1. Obergeschoss wird eine kulturelle Nutzung angesiedelt, die mit dem Erdgeschoss zusammengefasst werden kann.  Die weiteren Geschosse werden als Büroflächen vermietet.

Auslober*in
WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Berlin
Rang
1. Preis
Jahr
2025
Bearbeitung mit
Baumeister und Dietzsch Architekten, Berlin

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Berlin – Spreeküste